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Sjögren

Verfasst: 01.06.2008 20:00
von Nellie122612
Hallo

bei mir (32) wurde kürzlich das Sjögren-Syndrom diagnostiziert.
Die Diagnose erfolgte aufgrund nachgewiesener trockener Augen, Trockengefühl im Mund und SSA-Antikörper. Symptome traten nach einer Influenza und Absetzen der Pille auf. Besteht da ein Zusammenhang?
Alle anderen Blutwerte waren nicht erhöht, also auch keine Rheumawerte etc.
Nehme nun seit zwei Wochen Cortison (5mg) und Quensyl (400).
Habe Cortison nun verringert auf 2,5 mg.
Ist das auch nach Ihrer Meinung die beste Therapie in diesem frühen Stadium?
Habe Angst, was mich in der Zukunft erwartet, kann man nicht aufgrund der Daten oder Erfahrung in etwa den Krankheitsverlauf abschätzen?
Über eine Beantwortung der Fragen wäre ich sehr dankbar

Verfasst: 02.06.2008 18:51
von Stephan Gadola
Sehr geehrte Nellie

es kann durchaus sein, dass die Infektion mit Influenzaviren die Erkrankung ausgeloest oder demaskiert hat.
Die Therapie mit niedrig-dosiert Prednison und Quensyl ist sicher sinnvoll. Andererseits sollte auch eine symptomatische Therapie erfolgen: Traenenersatz und Mundspray oder Mundgel falls ausgepraegte Mundtrockenheit (hier wuerde ich das Produkt Aldiamed empfehlen (siehe auch website: http://www.medvergleich.de/Preisverglei ... 50+ML.html).

In diesem fruehen Stadium der Erkrankung wuerde ich die Anbindung an ein Universitaeres Zentrum (d.h. Rheumatologische Klinik eines Unispitals, z.Bsp. Bern, Zuerich oder Basel) sehr empfehlen. Es gibt neue therapeutische Entwicklungen bei Sjogren Syndrom, insbesondere die Antikoerpertherapie mit Rituximab, welche bei fruehen Stadien moeglicherweise die Krankheit effektiv behandeln kann. Um abschaetzen zu koennen ob der Einsatz einer solchen Therapie sinnvoll ist kann eine Gewebeentnahme mit Spezialfaerbungen (fuer CD20+ B-lymphozten, das sind spezielle weisse Blutzellen, welche fuer die Produktion von SSA verantwortlich sind) erfolgen. Die Rituximab Therapie ist in der Regel praktisch Nebenwirkungsfrei ist und erfolgt bei Erfolg ca. alle 9 Monate; Rituximab eliminiert aus dem Blut die CD20+ B Lymphozyten).
Der Verlauf des Sjogren Syndroms ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich, und ist meistens gutartig (aber die Symptome sind sehr laestig). Es sollten 1x jaehrlich Kontrollen der Bluteiweisse erfolgen, und bei neuartigen Symptomen sollten Sie Ihren Arzt, resp. den Rheumatologen aufsuchen.

Ich wuensche Ihnen alles Gute

Prof. Dr.med. Stephan Gadola

Verfasst: 03.06.2008 11:00
von Nellie122612
Hallo

vielen Dank für die Antwort.
Gibt es auch in Deutschland solch ein Universitaeres Zentrum, was Sie empfehlen könnten? Können Sie mir sagen, wie die Krankheit bestenfalls und wie im schlechtesten Falle verläuft?
Vielen Dank im Voraus.

Verfasst: 04.06.2008 18:47
von Brigitta
Sehr geehrte Nellie

Gerne schreibe ich hier auch noch schnell meine Erfahrungen:

Der Verlauf des Sjoegrensyndroms ist von Fall zu Fall unterschiedlich.
Genaue Abläufe der Krankheit kann man nicht vorhersagen.

Ich würde Ihnen in Bad-Aibling Herrn Dr. Tomiak empfehlen.

Rehabilitationsklinik Wendelstein der Bfa Rheumazentrum
Kolbermoorer Strasse 56
83043 Bad Aibling

Leitender Arzt Dr. med. W. Miehle und Dr. Ch. Tomiak

Mit freundlichen Grüssen

Brigitta

Deutsche Kliniken mit Sjoegren-Erfahrung!

Verfasst: 05.06.2008 10:00
von Brigitta
Sehr geehrte Nellie

Hier noch weitere Adressen von Kliniken mit Sjoegren-Erfahrung.

Charité Universitätsmedizin Berlin
Medizinische Klinik mit Schwerpunkten Rheumatologie
und Klinische Immunologie.

Medizinische Klinik mit Poliklinik der Friedrich-Alexander-Universität
und Institut für Klinische Immunologie Erlangen-Nürnberg
Direktor: Prof.Dr.med.Dr.h.C.I.R.Kalden.

Universitätsklinikum Freiburg
Ärztlicher Direktor der Abt.Rheumatologie
und klinische Immunologie.
Prof.Dr.Hans-Hartmann-Peter

Medizinische Hochschule Hannover
Klinik für Immunologie und Rheumatologie
Leitung:
Prof.Dr.Reinhold.E.Schmidt

Westfälische Wilhelms-Universität
Münster
Rheumazentrum
Münster-Sendenhorst-Bad Bentheim

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Angaben etwas weiter helfen konnte.

Mit freundlichen Grüssen

Brigitta

Verfasst: 06.06.2008 08:16
von Nellie122612
Hallo

vielen Dank für die Beantwortung der letzten Fragen.
Ich habe seit Nächten Schlafstörungen. Ich wache nachts auf, dann wird mir ganz heiß am ganzen Körper, der Blutdruck steigt und ich kann die ganze Nacht nicht mehr schlafen. Tagsüber bin ich entsprechend hinüber. Brauche dringend Rat von Ihnen. Woran können diese Hitzeattacken liegen. Kommen die vom Sjoegren?

Verfasst: 19.06.2008 14:05
von Stephan Gadola
Falls das Hitzegefuehl mit starkem Schwitzen verbunden ist, d.h. dass das Nachthemd gewechselt werden muss, kann dies, falls keine hohen Aussentemperaturen dafuer verantwortlich gemacht werden koennen, im Rahmen des Sjoegren Syndrom's auftreten und ein Zeichen fuer Krankheitsaktivitaet sein.
Allerdings ist naechtliches Hitzegefuehl ein unspezifisches und recht haeufiges Symptom und meistens harmlos. Falls mit Nachtschweiss (wie oben beschrieben) verbunden und ueber 2 Wochen anhaltend, dann sollte der Artz aufgesucht werden.

freundliche Gruesse
Stephan Gadola

Verfasst: 07.10.2008 17:52
von Nellie122612
Sehr geehrtes Expertenteam,

ich bin 33 Jahre alt und meine Probleme fingen etwa vor einem halben Jahr an. Damals begann mein Mund trocken zu werden und der Augenarzt stellte trockene Augen fest. Vorhandene SSA-Antikörper bestätigten dann die Diagnose Sjögren-Syndrom. Habe auch seitdem Hitzewallungen, teilweise nachts sehr schlimm, Schlafstörungen, bin sehr gereizt und nervös. Habe vermehrt Pickel und manchmal spannen meine Brüste total. Die Pille setzte ich kurze Zeit vorher ab. Seitdem kam meine Periode eigentlich immer sehr pünktlich (einmal sogar hat es sogar nur 25 Tage gedauert, was sonst noch nie der Fall war). Der letzte Zyklus hat allerdings 45 Tage gedauert. War heute beim Frauenarzt, der sagte, ich solle am 2.Tag meiner Periode zum Blutabnehmen kommen. Dann würde er mir eine Pille geben dann würde das schon besser. Nehme für das Sjögren 1 x eine Quensyl täglich. Besteht da ein Zusammenhang zwischen dem Sjögren und den Hormonstörungen? Wirkt die eine Behandlung sich auf die andere aus?
Kann das Sjögren durch Pille oder durch das spätere Wiederabsetzen schlimmer werden? Mundtrockenheit ist schon besser, kommt das vom Quensyl? Viele Fragen ich weiß, wäre Ihnen jedoch dankbar eine Antwort zu erhalten. Vielen Dank im Voraus und liebe Grüße

Verfasst: 22.10.2008 23:18
von Stephan Gadola
Liebe Nellie,
Die beschriebenen Symptome (unregelmaessige Regel, Spannungsgefuehl in den Bruesten, Schweissanfaelle) sprechen fuer eine hormonelle Veraenderung, welche der Frauenarzt beurteilen muss.
Es gibt durchaus einen Zusammenhang zwischen Hormonen und Sjogren, allerdings ist die genaue Sachlage noch unklar: Einerseits wurde beschrieben, dass Oestrogen ein Sjogren Syndrom ausloesen kann, andererseits hat Oestrogenbehandlung im Tiermodel schuetzende Wirkung. Dies sollte der Frauenarzt beachten, wenn er eine Hormonpille verschreibt.
Quensyl (Substanz: Hydroxychloroquin) wirkt normalerweise erst 4-6 Monate nach Beginn der Behandlung, hat dann aber haeufig einen positiven Effekt auf das Sjoegren Syndrom.
Ich wuerde auf jeden Fall empfehlen, dass Ihr Hausarzt Sie zu einem Rheumatologen ueberweist, damit dieser die derzeitigen Aktivitaet des Sjoegren Syndroms bestimmt und die Diagnose auch bestaetigt. SSA-Antikoerper kommen bei einer ganzen Reihe von Autoimmunkrankeiten vor und sind deshalb nicht spezifisch fuer das Sjogren Syndrom.

Freundliche Gruesse

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Southampton, England

Verfasst: 23.10.2008 11:37
von Nellie122612
Sehr geehrter Herr Gadola!

Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich bin schon direkt nach Diagnose zum Rheumatologen überwiesen worden. Der hat aufgrund der SSa-Antikörper und der Symptome die Diagnose bestätigt. Wodurch kann man denn das SS sicher feststellen, also welche Antikörper sind denn spezifisch für das SS? Mein Frauenarzt will mir die Pille wieder verschreiben, er kennt sich aber nicht mit SS aus. An wen kann ich mich denn noch wenden?

Liebe Grüße Nellie

Verfasst: 24.10.2008 10:37
von Stephan Gadola
Liebe Nellie,

Das sekundaere Sjogren Syndrom wird klinisch diagnostiziert, d.h. Trockenheit der Schleimhaeute (Mund, Augen, u.a.), wenn eine andere primaere Entzuendungskrankheit aus dem rheumatischen Formenkreis besteht, z.Bsp. eine Rheumatoide Arthritis.

Das primaere Sjogren Syndrom wird dann diagnostiziert wenn die klinischen Symptome passen, keine andere Entzuendungskrankheit vorliegt, und SSA und SSB Antikoerper vorliegen. Die Diagnose kann zusaetzlich gesichert werden durch eine Lippenbiopsie (in allen Stadien der Erkrankung) oder bildgebend, z.Bsp. Ultraschall oder MRI der Speicheldruesen. Die Biopsie kann relevant werden fuer die Behandlung, da heutzutage mit Rituximab (anti-CD20 Antikoerper) eine Therapie zur Verfuegung steht, welche auch beim Sjogren Syndrom, insbesondere in fruehen Stadien der Erkrankung (d.h. in den Jahren). Eine solche Therapie wuerde insbesondere dann Sinn machen, wenn sich in der Biopsie viele CD20+ Lymphocyten finden wuerden.
Die SSA und SSB Antikoerper sind bei beiden Formen (primaer, sekundaer) positiv.

Freundliche Gruesse

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Universitaet Southampton, UK

Verfasst: 24.10.2008 12:05
von Nellie122612
Hallo Herr Gadola,

vielen Dank für die Antwort. Nur noch eine Frage kann das Ergebnis der Lippenbiopsie durch die Einnahme von Quensil beeinflusst werden?
Also kann es sein das aufgrund von Medikamenten eine Lippenbiopsie kein positives Ergebnis mehr liefert?

Viele Grüße
Nellie

Verfasst: 25.10.2008 11:48
von Stephan Gadola
Hallo Nellie
Die Antwort auf die Frage ist: Nur im Falle, dass Quensyl die Entzuendung der Speicheldruesen geheilt hat - was auch bedeuten wuerde, dass Sie keine Mundtrockenheit mehr haetten.
Allerdings ist Quensyl - obwohl ein gutes Mittel - in der Regel nicht wirksam genug um die Druesenentzuendung beim Sjoegren Syndrom zu heilen.

Freundliche Gruesse

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Southampton, UK