Behandlung mit Methotrexat

In diesem Forum können medizinische Fragen gestellt werden, welche durch den Sjoegrenspezialisten Herr Prof. Dr. Stephan Gadola beantwortet werden. ACHTUNG: Bitte nehmt hier keinen Bezug zu allfälligen Praxisbesuchen bei Herrn Dr. Gadola.
Antworten
Agathe
Registrierter Benutzer
Registrierter Benutzer
Beiträge: 59
Registriert: 13.01.2006 13:48
18
Wohnort: Olten
Behandlung mit Methotrexat

Beitrag von Agathe »

Sehr geehrter Herr Dr. Gadola! Gerne würde ich Ihre Meinung zu einem Problem hören, das mich seit ein paar Monaten beschäftigt. Ich leide seit 2002 am SjS und wurde 4 Jahre mit wöchentlich 15 mg. Methotrexat behandelt, muskulär gespritzt. Da es ein sek. SjS ist, läuft auf der zweiten Schiene Rheumatoide Arthritis. Anschl. spritzte ich mir selber mir Einwegspritzen alle zwei Wochen 15 mg, ca. 1 Jahr. Das hat meine Rheumaschübe immer gut im Griff gehalten. Weils mir aber allgemein nicht so gut ging, schlug mir mein Hausarzt vor, eine Biorhesonanzbeh. durchzuführen, um die vielen Borreliose, Herpes und vieles andere, das er feststellte, ein ganzes Blatt voll, auszuleiten, sprich zu entgiften. Das Ziel soll sein, ohne Metho. auszukommen, da ich das ja nicht ein Leben lang nehmen könne, da es auch Nebenwirkungen habe , u.a. zu Tumorbildungen neige! Ich habe eingewilligt, aber seit dieser Behandlung ( ohne Metho. ) hab ich wieder täglich Rheumaschübe, immer woanders. Am liebsten würde ich wieder die Spritze verwenden, denn so ist mein Leben noch mehr eingeschränkt! Was halten Sie von dieser Biorh. Behandlung und wie stehen zu Methotrexat? Ich habe es immer gut vertragen. Sind die Nebenwirkungen wirklich so drastisch? Wie ist Ihre Erfahrung? Für eine Antwort bin ich Ihnen sehr dankbar! Mit freundl. Grüssen: Agathe Habegger
Stephan Gadola
Registrierter Benutzer
Registrierter Benutzer
Beiträge: 332
Registriert: 14.11.2006 18:54
17
Wohnort: Southampton, UK

Beitrag von Stephan Gadola »

Liebe Frau Habegger

Ihr Brief hat mich sehr betroffen gemacht, und ich bin - ich kann es nicht anders ausdruecken - erschuettert ueber das verantwortungslose und fachlich inkompetente Handeln Ihres Arztes !

Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen einen qualifizierten Rheumatologen aufzusuchen, der sie wegen Ihrer Rheumatoiden Arthritis und dem sekundaeren Sjoegren Syndrom behandeln kann.

Zu Ihren Fragen:
1. Ihre Grundkrankheit ist die Rheumatoide Arthritis, welche unbehandelt schwere Folgen fuer die Gelenke, die Gefaesse und das Herz haben kann.

2. Bioresonanz "Therapie" ist keine medizinisch anerkannte Therapie und es gibt keinerlei Daten die irgendeinen Effekt der Bioresonanz gegenueber irgendwelchen Krankheiten oder Infekterregern zeigen. Es ist sogar noch arger : Selbst die Firmen welche Bioresonanz Apparate verkaufen geben keine Auskunft darueber wie das eigentlich wirken soll (ich meine damit : keine auf Vernunft und Logik und wissenschaftlichen Daten beruhenden Erklaerungen). Der Begriff "Bioresonanz" toent natuerlich gut, ist aber ein "leerer" Begriff, d.h. es steckt nichts konkretes dahinter. Um es klar auszudruecken: Bioresonanz Therapie ist reine Scharlatanerie. Dafuer verdienen gewisse Aerzte ordentlich Geld damit, was die leider recht haeufige Anwendung dieser "Methode" wohl erklaert !

3. Leider bin ich auch ziemlich ueberzeugt davon, dass alle die Tests die Ihr Arzt gemacht hat, d.h. Herpes, Borreliose, etc., keine eigenliche Indikation hatten und somit auch keine behandlungsbeduerftigen Konsequenzen haben. Allerdings kosten die Tests viel Geld, und der Arzt verdient auch etwas daran.

4. Methotrexat ist Mittel der ersten Wahl bei Rheumatoider Arthritis (es gibt aber auch noch weitere effektive Mittel, v.a. in Kombination mit Methotrexat; Lassen Sie sich von einem echten Rheumatologen beraten !).


5. Methotrexat in der Dosis wie es bei Rheumatoider Arthritis verwendet wird kann ueber Jahrzehnte verwendet werden; die Aussage dass dabei Tumore haeufiger auftreten trifft nicht zu. Es kann unter der Methotrexat Therapie zu Uebelkeit (am Tag der Spritze) kommen. Falls das ein Problem ist koennen Sie mich gerne nochmals kontaktieren.
Trotzdem muss eine Methotrexat Therapie "ueberwacht" werden, v.a. das Blutbild und die Leberwerte. Es ist daher wichtig, dass Sie einen kompetenten Hausarzt haben.

6. Sie brauchen unbedingt wieder eine wirksame Therapie. Suchen Sie einen Rheumatologen oder eine Rheumatologin, besprechen Sie mit ihr/ihm Ihre Krankheit und starten Sie erneut mit einer wirksamen, klinisch erprobten Behandlung.

7. Es ist sehr positiv, dass Methotrexat Ihnen bereits frueher gut geholfen hat. Ich bin daher sehr zuversichtlich, dass Ihre Rheumatoide Arthritis gut behandelt werden kann.

8. Das sekundaere Sjoegren Syndrom wird besser, wenn die Rheumatoide Arthritis wieder besser im Griff ist. Sie werden aber wahrscheinlich immer auf kuenstliche Traenen angewiesen sein. Manchmal muss man 5-7 verschiedene Traenen-Tropfen ausprobieren um das richtige Mittel zu finden: Das Probieren lohnt sich aber auf jeden Fall.

9. Falls Sie auch einen trockenen Mund haben: Nebst genuegen Fluessigkeitszufuhr (groessere Mengen 4-5x pro Tag, aber nicht kleine Mengen sehr haeufig, da letzteres den wenigen noch produzierten Speichel wegwaescht) gibt es ein recht gutes Mundgel: Aldeamed.

Ich hoffe diese Angaben helfen Ihnen. Nehmen Sie Ihr Schicksal wieder in die eigene Hand und bauen Sie ein Vertrauensverhaeltnis mit einem kompetenten Rheumatologen auf - das wird fuer Ihre Zukunft entscheiden sein !

Freundliche Gruesse aus England

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Universitaet Southampton, England

Antworten