Sjögren-Syndrom, Lupus oder doch MS ?

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Maleen
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Sjögren-Syndrom, Lupus oder doch MS ?

Beitrag von Maleen »

Sehr geehrter Herr Prof. Gadola,
Verzweifelt wende ich mich an Sie mit der Hoffnung auf Hilfe.
Ich bin 44 Jahre alt und meine Leidensgeschichte begann vor fast 2 Jahren.
Ich wachte morgens auf und hatte kein Gefühl mehr in den Beinen, die Gefühlsstörung stieg weiter bis zum Hals auf, so dass ich auch in den Armen kein Gefühl mehr hatte, und ich mit V.a. Guillain Barre in die Klinik eingewiesen wurde. Dort erfolgt ein MRT, im Kopf fanden sich 3 kleine nicht entzündliche Läsionen, im MRT der WS wurde später in HWK 3 eine nicht kontrastmittelaufnehmende Läsion festgestellt. Es erfolgte eine Liquorpunktion mit folgendem Befund:
Zellzahl/Leukozyten 5 (grenzwertig), deutliche intrathekale IgG Synthese und geringer ZNS-eigener IgM-Synthese, Oliglonales IgG positiv, oliglonale Banden 15. Multiple IgM-Antikörperbildung im Serum auf (Enteroviren, Cocksackie,HSV,VZV). EBV-IgG-AK 130, Masern IgG 2761 IE/l, VZV-IgM positiv, Tetrahydrobiopterin im Liquor 2 nnmol/l, Vitamin D 5,8 ng/ml im Serum. Ich erhielt eine Cortison-
Stoßtherapie dauraufhin besserten sich die Beschwerden etwas. Ich wurde mit der Diagnose CIS-Syndrom entlassen. Nachdem mein Befinden noch weiterhin schlecht war erfolgten weitere Untersuchungen, Labor: Borrelia burgdorferi IgG positiv. Clamydia trach IgM AK 0,89, Mycopl. Pneumoniae IgG AK 53, IGM AK 0,8. Natural Killer Zellen 5,9 %' CD57 pos. NK Zellen 0,9 %, CD3-CD57
- 15/ul. Nach 1 Jahr Kontrolle des MRTs Kopf fanden sich 3 neu entzündliche Läsionen. Die Diagnose MS wurde gestellt. Es erfolgte der Beginn einer Basistherapie mit Tecfidera. Da ich starke Beschwerden in der Hüfte hatte, stellte ich mich beim Orthopäden vor, dort fanden sich folgende Laborwerte: ANA AK 3,05 Ratio, MRT ISG fleckiges Knochenmarksignal, die Diagnose Sjögren wurde gestellt. Danach stellte ich mich beim Rheumatologen vor, ANA auf HeP 2 Titer negativ, Anti SSA AK positiv, Anti SSB AK schwach positiv,Aquaporin4 AK negativ, CRP grenzwertig. Schirmer Test RA: 12 mm, LA: 5 mm, Ultraschall der Speicheldrüse unauffällig. Mir wurde angeraten mich weiterhin bezüglich MS behandeln zu lassen. Im aktuellen MRT zeigte sich nun wieder eine neue Läsion im Kopf, obwohl ich seit Beginn der Krankheit nie einen Schub verspürte. Jetzt mußte ich die MS Therapie abbrechen wegen massivem Haarausfall und es soll eine erneute Basistherapie bezüglich MS erfolgen. Im Internet fand ich zu MS und Sjögren einen interessanten Artikel. Ich war nun schon bei einigen Neurologen, aber keiner macht sich mehr die Mühe meine Befunde durchzusehen, schließlich steht MS auf jedem Befund. Mein Hausarzt riet mir nun mich Differentialdiagnostisch untersuchen zu lassen, ich solle mir eine Klinik suchen.
Nun hoffe ich lieber Herr Prof. Gadola sie finden Zeit meine Befunde zu beurteilen und bitte Sie um ihre Einschätzung. Leide ich an Sjögren und MS oder könnte es auch ein Lupus sein ? Welche Therapie ist für mich geeignet ?

Mit freundlichen Grüßen

Maleen
Stephan Gadola
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Re: Sjögren-Syndrom, Lupus oder doch MS ?

Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Maleen,
Vielen Dank für die sorgfältige Auflistung ihrer früheren MRT und Laborbefunde, welche ich mir genau angesehen habe.
Die klinischen und die MRT Befunde sprechen sehr stark für eine MS. Eine MS ist letztendlich eine autoimmune Entzündung des Nervengewebes. MS-ähnliche Befunde kommen bei anderen Autoimmunkrankheiten vor, und umgekehrt können bei MS auch Laborbefunde bestehen, welche sonst häufiger bei anderen Autoimmunkrankheiten anzutreffen sind.
Die ANA, anti-SSA und anti-SSB sind in erster Linie Hinweise auf eine Autoimmunkrankheit, und die Produktion von Antikörpern im Liquor (Hirnwasser) passt sehr gut zu einer autoimmunen Entzündung im Nervengeweben, sowie das für MS typisch ist.
Die Diagnose Sjögren Syndrom kann ich aufgrund des normalen Schirmer Tests und des normalen Ultraschallbefundes der Speicheldrüsen nicht nachvollziehen. Als Alternative zur MS kommt eher ein Lupus (SLE) in Frage. Für Ihre Behandlung spielt das aber eine untergeordnete Rolle. Es sollte dabei von einer MS ausgegangen werden. Das Tecfidera ist nicht immer das wirksamste Medikament bei MS.
Gute Alternativen bei MS, welche auch bei Lupus wirken dürften (wären dort aber nicht zugelassen) sind z.Bsp. das Gylenia (Fingolimod) welches in der Schweiz für MS zugelassen ist, oder die sogenannten B-Zell depletierenden Antikörper, zu welchen Mabthera (nicht für MS zugelassen, aber wirksam) gehört. In nächster Zeit dürften (neuere) B-Zell depletierende Antikörper in der Schweiz zugelassen werden, da die Studienresultate sehr vielversprechend sind.
Aeltere Medikamente sind Betaferon und Glatiramer, welche manchmal gut wirken, aber nicht so gut wie die neueren Medikamente.

Zuletzt noch zum Vitamin D, welches bei Ihnen sehr stark reduziert schien (5.3nmol/L ?). Ein solcher Vitamin D Mangel ist ein klarer Risikofaktor für eine MS und sollte deshalb behoben werden.
Dazu reicht es nicht , jeden Tag eine Tablette mit Calcium-Vitamin D (mit 400 IU Vit. D) einzunehmen, denn so erreichen Sie nie normale Spiegel. Sie sollten eine Vitamin D Kur machen, wobei ca. 300'000 IU Vitamin D verabreicht werden. Die Vitamin D3 Spiegel sollten ein paar Wochen danach kontrolliert werden. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt darüber.

Ich hoffe, dass Ihnen bald weitergeholfen wird und die MS Schübe unter Kontrolle kommen.

Freundliche Grüsse

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Gesundheitszentrum Allschwil

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