AK gegen Alpha-Fodrin im Grauzonenbereich - was nun?

In diesem Forum können medizinische Fragen gestellt werden, welche durch den Sjoegrenspezialisten Herr Prof. Dr. Stephan Gadola beantwortet werden. ACHTUNG: Bitte nehmt hier keinen Bezug zu allfälligen Praxisbesuchen bei Herrn Dr. Gadola.
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Helene
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AK gegen Alpha-Fodrin im Grauzonenbereich - was nun?

Beitrag von Helene »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gadola,

ich frage Sie hiermit leider ein zweites mal nach dem Wert der Antikörper gegen Alpha-Fodrin.

Es ist leider genau so gekommen, wie ich befürchtet habe, dass meine Werte für die AK gegen Alpha-Fodrin im Grauzonenbereich liegen.
Es liegen zwei Werte vor, der 1. Wert (FOA) bei 9,21 und der 2. Wert bei 13,98 (FOG).

Der Grauzonenbereich des Labors liegt zwischen 10 und unter 15. Der Normwert ist unter 10.

Wie kann ich diesen Wert nun deuten?
1. Muss ich davon ausgehen, dass ein Sjögren-Syndrom im Anfangsstadium vorliegt?
2. Oder können die Werte auch bei Gesunden im Grauzonenbereich liegen? Bzw. gibt es andere Gründe für einen Wert im Grauzonenbereich?

Ich wollte eigentlich durch die Bestimmung Klarheit, nun bin ich wieder total beunruhigt.

Nochmals zu meiner Klinik: Mundtrockenheit seit 6 Wochen (immer mal wieder besser!), keine Augenproblematik. Gelenkschmerzen und eintägige Schwellung an den Fingern während "grippalem Infekt" vor 8 Wochen. Jetzt gelegentlich Hüftschmerzen. Seit einigen Wochen zwei leicht geschwollene Lymphknoten am Hals links. Burnout und Depressionen.

Laborwerte: ANA 1:320, ansonsten komplett unauffällig (BSG; CCP, Rheumafaktor, CRP, SS-A und SS-B, TPO bei 56 (Referenz unter 60))

Ich habe noch eine weitere Frage:

3. Aus lauter Angst, die geschwollenen Lymphknoten könnten etwas mit dem Sjögren zu tun haben, drücke ich ständig daran herum. Fakt ist, dass inzwischen zwei weitere leicht geschwollene LK auf der anderen Seite um die Unterkieferspeicheldrüse herum dazugekommen sind und meine Angst erst Recht wächst. Kann man durch Herumdrücken die Lymphknoten zum Wachstum provozieren? Oder haben diese voraussichtlich mit einem entzündlichen Vorgang in den Speicheldrüsen zu tun? Ich hatte keinen merklichen Infekt.


Entschuldigen Sie, die vielen weiteren Fragen.
Vielen Dank für die Antworten.

Liebe Grüße, Helene
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Helene,

Die Spezifität des Tests (d.h. der Antikörper gegen Alpha-Fodrin) ist weniger als 100%. Positive Testresultate können daher auch bei Gesunden auftreten. In Ihrem Fall, bei einem negativen Resultat und einem schwach positiven Resultat, und der übrigen Konstellation, würde ich empfehlen, den Test in 3 Monaten noch einmal zu wiederholen.
Antikörper Tests können aus vielen verschiedenen Gründen falsch schwach positiv sein. Eine Diagnose sollte sich daher nie alleine auf einen positiven, und schon gar nicht einen so schwach positiven Wert stützen. Andererseits, wie bereits früher erwähnt, kann das Fehlen typischer Antikörper (SSA/Ro, SSB/La) als starkes Argument gegen ein primäres Sjögren Syndrom gewertet werden.
Die von Ihnen beschriebene innerliche Spannung und Angst (mit Depression) ist ein sehr guter möglicher Grund für die Mundtrockenheit (und verschiedene Medikamente, z.Bsp. gewisse Antidepressiva, können auch eine Mundtrockenheit verursachen). Andererseits nehme ich an, die Lymphknotenschwellung klinisch beurteilt wurde. Bei anhaltender Lymphknotenschwellung (>2cm Grösse der Lymphknoten) muss sonst weiter abgeklärt werden. Apropos, Sie sollten die Lymphknoten nicht massieren.

mit freundlichen Grüssen

Prof Dr.med. Stephan Gadola
Helene
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Beitrag von Helene »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gadola,

ganz herzlichen Dank für Ihre große Mühe.

Ich habe nächste Woche einen Termin zur Speicheldrüsenszintigraphie.

Es wäre mir wichtig zu wissen, ob sich eine funktionelle Beeinträchtigung der Speicheldrüsen, also psychisch oder hormonell bedingt, im Ergebnis niederschlagen könnten. Oder weist eine Funktionseinschränkung definitiv auf eine Störung der Speicheldrüsen hin.

Vielen Dank für die Antwort.

Liebe Grüße,
Helene
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Helene,

Die Speicheldrüsenszinthigraphie kann bei der Diagnose helfen, ist aber nicht perfekt (kein einzelner Test ist perfekt für die Stellung der Diagnose).
- in Studien bei welchen die Resultate der Speicheldrüsenszinthigraphie zwischen Patienten mit primärem SS und Patienten mit Sicca Syndrom aber ohne SS (also "einfach" trockener Mund und Augen) verglichen wurden zeigte sich eine Spezifität von ca. 70%. Das heisst, dass die Resultate bei 30 von 100 Patienten mit Sicca aber ohne SS ebenfalls "positiv" waren.
- Die neuere "quantitative" Speicheldrüsenszinthigraphie ist möglicherweise etwas besser. Ein assymetrisches Muster in der Szinthigraphie der Ohrspeicheldrüse (Parotis) kann im Frühstadium bei primärem SS beobachtet werden. Allerdings wurden diese Studien meines Wissens nach mit primaeren SS Patienten gegenüber gesunden Kontrollen ohne SICCA (also nicht wie weiter oben beschrieben) durchgeführt.

Auf jeden Fall könnte durch ein komplett unauffällliges Resultat ein Sjoegren Syndrom ausgeschlossen werden. Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe auf guten Bescheid.

mit freundlichen Grüssen

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Professor of Immunology & Consultant in Rheumatology, University Hospital Southampton,
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Helene
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Beitrag von Helene »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gadola,

das Ergebnis der Speicheldrüsenszintigraphie wurde mir heute zugeschickt und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn sie mich kurz aufklären könnten.

Ich vermute, es handelt sich nicht um eine "quantitative" Szinitgraphie. Es ist eine Zeitaktivitätskurve zu sehen, die laut Arztbericht, wie folgt beurteilt wird:
" Die Aktivitätsaufnahme im Bereich der Speicheldrüsen war normal. Wir fanden nach Gabe von Zitronensaft einen schnellen Aktivitätsabfall über den Speicheldrüsen. Es ist von normalen Akkumulations- und Ausscheidungsverhältnissen auszugehen."

Dabei ist auch eine Auflistung zu sehen, auf die nicht eingegangen wurde und die ich gerne verstehen würde.

Hier steht darüber dyn. SPD, (Summenbild SPD, Series ROI):

ROIs1 (linke Parotis zugeordnet): 46,69%
ROIs2 (rechte Parotis). 53,69%
Verhältnis: 0,82626

ROIs3 (linke Submandibular): 51,9%
ROIs4 (rechte Submandibular): 48,1%
Verhältnis: 1,0791

Meine Fragen nun:
1. Frage: Was bedeuten diese Prozentzahlen? Sagen die Prozentwerte etwas über deren Funktion aus?

Ich mache mir etwas Sorgen, da sich an genau diesen beiden Drüsen mit der geringeren Prozentzahl, also linke Parotis und rechte Submandibulardrüse, leicht vergrößerte Lymphknoten befinden. Und außerdem habe ich schon länger den Eindruck, dass aus der linken Parotis weniger Speichel kommt, als auf der gegenüberliegenden Seite, wenn ich den Austritt beobachte.

2. Frage:
Auf der Zeitaktivitätskurve stehen die Impulse pro Sekunde. Der höchste Wert ist 27 counts/ sec. Ist das nicht etwas niedrig? In ähnlichen Kurven, die ich im internet finden konnte, waren die Werte höher, meist doppelt so hoch?
Lässt sich daraus ein maximaler Uptake oder ein anderer Index errechnen, der speziell für das frühe SS einen Hinweis geben könnte? Eine geringe Aufnahme ist doch typisch für das Sjögren?

3. Frage:
Sie antworteten mir in Ihrem letzten Beitrag, dass ein komplett unauffälliges Resultat ein Sjögren Syndrom ausschließen könnte.
Wie bewerten Sie mein Resultat dahingehend?
Wäre auch eine frühe Phase des SS mit diesem Resultat auszuschließen?


Ganz herzlichen Dank und freundliche Grüße,
Helene
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Helene,

Ich kann den Befund nur aufgrund der schriftlichen Beschreibung bewerten, und diese weist eindeutig auf einen Normalbefund hin, insbesondere der rasche Aktivitätsabfall nach Gabe von Zitronensaft, und die sehr gleichmässige Anreicherung über den 4 ROIs (Regions of Interest) schliessen ein Sjöegren Syndrom praktisch aus.
Für ihre sehr detaillierten Fragen bzgl. counts/second rate Ich Ihnen sich mit dem Nuklearmediziner zu unterhalten.

mit freundlichen Grüssen

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Helene
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Beitrag von Helene »

Sehr geehrter Herr Prof. Gadola,

ich bedanke mich nochmals ganz herzlich für Ihre Mühe.
Ihren Rat, einen Nuklearmediziner zu sprechen, konnte ich schnell in die Tat umsetzen.
Auch der konnte mich beruhigen und kann kein Sjögren Syndrom anhand des Diagramm und der Bilder diagnostizieren.

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass Sie außerordentlich hilfreiche Arbeit in diesem Forum leisten. Für viele sind Sie sicherlich ein Anker in unserem komplizierten Gesundheitssystem.

Nochmals VIELEN DANK, auch für Ihre Geduld und freundlihe Art.

Herzlichst, Helene
Helene
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Beitrag von Helene »

Sehr geehrter Herr Prof. Gadola,

leider währte meine Erleichterung nicht sehr lange, denn heute nachmittag stand der lang erwartete Termin bei einem Arzt in der Rheumaklinik an.

Dieser meinte, dass eine unauffällige Speicheldrüsenszintigraphie das beginnende Sjögren nicht ausschließen könne. Er warf allerdings leider keinen Blick auf meinen Befund.
Außerdem vermutet er aufgrund der ANA 1:320 und der leicht geschwollenen Lymphknoten (die er aber gar nicht abtastete), dass sich "etwas kollagenotisches" zusammenbraut.
Ich solle mich nicht verrückt machen.

Das ist leichter gesagt, denn genau das mache ich seit einem Vierteljahr.

Meine hoffentlich letzten Fragen daher an Sie, ob Sie seine Meinung teilen? "Braut sich das etwas kollagenotisches zusammen" wegen der Lk und der ANA und ist ein beginnendes Sjögren mit der guten Speicheldrüsenszinti immer noch nicht ausgeschlossen?
Könnte ein MRT weiterhelfen?

Nochmals tausend Dank und freundliche Grüße,

Helene
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Helene,

In einem bin ich mit dem Kollegen absolut einig, nämlich dass Sie sich nicht verrückt machen sollen. Die Speicheldrüsenszinthigraphie hat klar gezeigt, dass Ihr stimulierbarer Speichelfluss absolut normal ist. In Gesamtschau Ihrer bisherigen Geschichte und Befunde besteht kein Grund sich über hypothetische Szenarien zu sorgen. Schliesslich sorgen wir uns auch nicht täglich, dass wir übermorgen einen Unfall haben könnten.
Mein Rat is deshalb einfach: Lassen Sie die Sache ruhen und versuch Sie auf andere Dinge (möglicherweise mit grösserer Relevanz für Ihren Alltag) zu fokusieren. Sollte - unerwarteterweise- eine objektivierbare Aenderung Ihres Gesundheitszustandes eintreten, dann kann die Lage immer noch neu beurteilt werden.

mit freundlichen Grüssen

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
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