Sjögren ausgeschlossen?

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LisaS
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Sjögren ausgeschlossen?

Beitrag von LisaS »

Guten Tag Herr Professor Gadola
Mein Name ist Lisa, ich wohne in der Schweiz.

Ich habe eine sehr lange Krankengeschichte (Amalgamvergiftung, Sarkoidose, Herzinfarkt mit 50, Hashimoto-Thyreoiditis) - um nur das Wichtigste zu nennen.

Was sich nun seit mehreren Jahren stark verschlimmert, sind die Sicca-Symptome. Lange habe ich das als Begleiterscheinungen der Autoimmun-Schilddrüsenerkrankung hingenommen, dann auch auf das Alter (61) geschoben. Medikamente, welche die Symptomatik begünstigen, nehme ich nicht ausser maximal 12,5 mg Betablocker.

Jetzt ist alles (Augen, Mund, Hals, Speiseröhre, Nase, übrige Schleimhäute) aber so schlimm geworden, dass es zusammen mit den anderen Beschwerden wirklich fast unerträglich ist.

Seit ca. 3 Jahren bekam ich zunehmend im ganzen Körper Muskelprobleme (Schmerzen und Schwäche), besonders behindernd aber in den Oberschenkeln, so dass ich kaum mehr als 10 Minuten gehen kann.
Deshalb wurde ich nun rheumatologisch abgeklärt (Verdacht auf Sjögren). Der Rheumatologe sagte jedoch gleich, Sjoegren sei sehr selten, das sei es wohl kaum...

Nun, alle Entzündungswerte sind denn auch ok, auch die ANA und ENA negativ. Von den Oberschenkelmuskeln wurde eine MRT gemacht. Kein Befund, der auf eine Kollagenose hinweist.
(Allerdings könnten diese Muskelprobleme auf eine Ueberdosierung von Schilddrüsenhormonen zurückgehen. Da ist man leider erst jetzt darauf gekommen und es wird jetzt "getestet" mit Dosis-Reduktion, was auch schon erste Verbesserungen gebracht hat.)

Bis jetzt wurde weder ein Schirmer- noch ein Speicheltest gemacht. Ich habe auch gelesen, dass nur ein bestimmter Prozentsatz der Sjögren-Betroffenen positive Ak haben, jedoch die Alpha-Fodrin Ak hier sensitiver sind.

Meine Frage: Ist aufgrund dessen, was bis jetzt abgeklärt wurde, ein Sjögren-Syndrom wirklich definitiv auszuschliessen?

Für Ihre Antwort danke ich jetzt schon ganz herzlich!
Lisa
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Lisa
Die Diagnose basiert nicht nur auf Blutwerten, aber positive Antikörper erleichtern die Diagnose. Die alpha- Fodrin Antikörper könnten diagnostisch hilfreich sein. Ein Schilddrüsenhormon Überschuss kann zu Sjögren-ähnlichen Symptomen führen. Könnten Sie mir noch nähere Infos zu den Diagnosen Sarkoidose und Amalgamvergiftung geben?
Ps: Ich bin diese Woche fort,kann ihre Fragen aber ab nächster Woche wieder beantworten

mit freundlichen Grüssen

Prof Dr.med. Stephan Gadola
LisaS
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Beitrag von LisaS »

Sehr geehrter Herr Professor Gadola
Herzlichen Dank für Ihre Antwort.

Trockenheit war schon in Schilddrüsenunterfunktion vorhanden! (Diagnose Hashimoto 2007, bestand aber schon Jahre vorher). Die Sicca-Symptome haben sich aber eben sehr verstärkt.
Ausserdem scheine ich so ziemlich alle Symptome der SD-Immunerkrankung zu haben und nicht loszuwerden.

2011 wurde noch ein Zwerchfellbruch (axiale Gleithernie) diagnostiziert mit Magen- und Speiseröhrenentzündung. PPI habe ich nicht vertragen, deshalb homöopathische Behandlung (Phosphor), was mich praktisch beschwerdefrei macht.

Bei Herzinfarkt 2003 auch Diagnose Insulinresistenz/Diabetes. Medikamente erst seit 2012 nötig geworden (500 mg Glucophage).

Amalgamvergiftung: nach ca. 7 Jahren zunehmender Beschwerden 1990 katastrophaler Gesundheitszustand. Diagnose durch Doppelblindtest (Internist/Aurikulomediziner sowie Zahnarzt/Aurikulomediziner. Resultat: hochgradige Quecksilberunverträglichkeit). 1991 Zahnsanierung/Ausleitung. Rasche Erleichterung (Kopfdruck, Schwindel, Zittern sowie Pulsratesenkung um 20 Schläge). Kontinuierliche Erholung innerhalb eines Jahres auf ca. 80%. 1997 fühlte ich mich wieder gesund.

Sarkoidose: ab 1998 zunehmend Dyspnoe, Reizhusten, Gelenkbeschwerden. Bericht Radiologisches Institut: „Thoraxaufnahme vom 24.08.00: Volumenvermehrte Hili, vereinbar mit Lungensarkoidose. Kontrastmittelverstärkte thorakale Computer-Tomographie, 19.09.2000: Zahlreiche mediastinale und bihiläre Lymphome. Lungenparenchym normal. Beschrieben: Herabgesetzte Dichtewerte der Leber, ohne fokale Läsionen. Befunde vereinbar mit Sarkoidose.“
Lungenfunktionstest 10.10.2000 normal. Deshalb Beurteilung Pneumologe: Sarkoidose Stadium 1. Keine Histologie, da keine Cortison-Therapie angezeigt. Homöopathische Konstitutionstherapie. Nach 8 Monaten und bis heute keine Veränderungen mehr nachweisbar in Röntgen/CT ausser (CT nativ 2012: „...allenfalls minime umschriebene, postentzündlich-fibrotische Veränderungen im mediobasalen Mittellappen rechts...“)
Der Bruder meiner Mutter hatte auch Sarkoidose (Lunge/Haut).

Freundliche Grüsse
Lisa
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Lisa,

Die Tatsache, dass die Trockenheitssymptome schon seit 2007 bestehen, andererseits aber sowohl die Entzündungswerte (wobei ich annehme, dass dabei auch eine Senkungsreaktion, BSR, gemacht wurde) wie auch die ANA und ENA normal sind, spricht gegen die Diagnose eines primären Sjögren Syndroms.
Die bei Ihnen diagnostizierte Form von Sarkoidose ist auch etwas ungewöhnlich; Das Vorhandensein von Dyspnoe (Atemnot) würde auf eine chronische und schwerere Form hindeuten, was aber anhand der Röntgen/CT Aufnahmen nicht der Fall zu sein schien. Das Fehlen eines sog. Erythema nodosum (eine Art des Hautbefalls, welche sich normalerweise an den Beinen als livide druckschmerzhafte Knoten oder, um die Sprungelenke herum als eher flächige Erhabenheiten manifestiert) würde ebenfalls auf eine chronische Form hindeuten, welche bei Ihnen sehr gutartig verlaufen wäre. Die narbige Abheilung von Sarkoidose Läsionen der Lungen ist im Uebrigen recht typisch.

Speicheldrüsenbeteiligung und damit verbunden Trockenheitssymptome kommen bei chronischer Sarkoidose vor, was sich dann aber typischerweise durch eine Schwellung der Speicheldrüsen manifestiert. Dies könnte sicherheitshalber durch einen HNO Arzt abgeklärt werden, falls sich ihr Hausarzt/Internist nicht sicher ist. Die Sarkoidose ist zwar keine Erbkrankheit im eigentlichen Sinne, aber das Risiko daran zu erkranken kann trotzdem bei Verwandten 1. Grades erhöht sein.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Ausführungen etwas Klarheit verschafft zu haben.

Mit freundlichen Grüssen

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
LisaS
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Beitrag von LisaS »

Sehr geehrter Herr Professor Gadola

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Es drängen sich doch noch weitere Anmerkungen/Fragen auf:

Ja, BSR war normal. Jedoch waren die Lymphozyten schon mehrmals erhöht, ohne dass eine Erkältung oder so vorlag. Letztmals am 22.09.13: 49,0 % (20,0-45,0).
Eine Woche später bei der Schilddrüsen-Sonografie wurde auch keine SD-Entzündung festgestellt, obwohl ich in diesem Bereich massiv Schmerzen/Unbehagen hatte.

Ich habe nämlich sehr oft, manchmal tage- oder wochenlang Druck/Schmerzen/Stechen/Brennen im Bereich Schilddrüse, Unterkieferdrüse mit Ausstrahlung in den Kiefer und die Ohren. Auch Schluckbeschwerden gehören dazu.
Würde dies denn zu einer Speicheldrüsenbeteiligung von Sarkoidose passen? Bisher hatte ich immer an einen Zusammenhang mit Hashimoto gedacht.

Könnten denn meine Muskelbeschwerden (Schwäche/Schmerzen/schnelle Ermüdung) vielleicht auch eine Sarkoidose-Beteiligung sein? Das gibt es ja offenbar auch. Würde man das nur mittels Biopsie erkennen? Das Oberschenkelmuskel-MRI war ja ohne Befund (siehe meinen ersten Eintrag).

Gehört Sarkoidose eigentlich zu den Autoimmunerkrankungen? Ich habe bis jetzt keine eindeutige Antwort erhalten.

Es ist für mich recht schwierig, vom Hausarzt immer wieder weitere Abklärungen zu „fordern“... Aber meine Lebensqualität ist wirklich massiv eingeschränkt, und das schon so viele Jahre.

Freundliche Grüsse und herzlichen Dank, dass Sie sich für uns Zeit nehmen!
Lisa
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Lisa,

Zu Ihren Anmerkungen/Fragen:

- Die relative Erhöhung (%) der Lymphozyten auf 49,0% ist unbedenklich.
- Weder Sarkoidose noch Hashimoto verursachen die von Ihnen beschriebenen Druck/Schmerzen/Stechen/Brennen, resp. Schluckbeschwerden
- Eine Muskelbeteiligung bei Sarkoidse erachte ich ebenfalls als unwahrscheinlich.
- eine Sarkoidse ist keine Autoimmunerkrankung im eigentlichen Sinne. Es handelt sich dabei um eine inadequate chronische Entzündung, gekennzeichnet durch das Vorhandensein von sogenannten Granulomen, auf unbekannte Stimuli. Auto-Antikörper finden sich bei Sarkoidose (im Gegensatz zu Hashimoto) keine.
- Falls bei Ihnen noch nicht bestimmt würde ich anraten das Vitamin D3 und das Speichereisen messen zu lassen (zu tiefe Werte können mit Muskelbeschwerden und Müdigkeit/Schlappheit einhergehen).

Freundliche Grüsse

Prof. Dr.med. Stephan Gadola
LisaS
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Beitrag von LisaS »

Sehr geehrter Herr Professor Gadola

Herzlichen Dank für Ihre Antwort.

Vitamin D3 war vor 4 Jahren sehr tief, es war recht schwierig, auf gute Werte zu kommen, aber jetzt klappt es, allerdings nur mit einer ziemlich hohen Dosis.
Ferritin war seit ebenfalls 4 Jahren zunehmend erhöht; August 2011: 1‘076 mcg/L (13-400). Hämochromatose-Test auf die drei häufigsten Gen-Mutationen negativ. Bis April 2013 zwölf Aderlässe. Seit 8 Monaten nur noch leicht steigende Werte.

Freundliche Grüsse und jetzt schon die besten Wünsche für die Festtage und das neue Jahr

Lisa
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Lisa,

tiefe Vitamin D3 Spiegel benötigen immer hohe Dosen um wieder auf Normalwerte zu kommen. Sie sollten das Vitamin D3 1x pro Jahr, am besten im Dezember, kontrolllieren.
Das Ferritin ist klar zu hoch, aber die Diagnose einer Hämochromatose stützt sich nicht einfach auf Ferritin und dem Nachweise von Genmutationen, sondern auf dem Nachweis einer Eisenüberladung, wofür es weitere Bluttests (z.Bsp. Transferrrinsättigung, Eisen) und Gewebetests gibt. Ich nehme an diese Tests wurden durchgeführt?

mit freundlichen Grüssen

Prof. Dr.med. Stephan Gadola
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Beitrag von LisaS »

Sehr geehrter Herr Professor Gadola

Ja, Vitamin D3 wird immer im November kontrolliert, damit ich weiss, ob ich die Dosis über den Winter erhöhen muss.

Eisen, Transferrin und Transferrinsättigung waren normal, als die höchsten Ferritin-Werte gemessen wurden.

Gewebetests hat man nicht gemacht.
Sonografie Leber 17.05.11 (irrtümlicherweise nicht nüchtern): deutliche Hyperechogenität der Leber.
MRT vom 20.09.2011: „Mehrfokale dysontogenetische bzw. biliäre Mikrozysten der Leber. Ansonsten unauffälliger Befund der Leber hinsichtlich Form, Grösse und Binnenstruktur, ohne Hinweise auf Zirrhose. Kein Malignitätshinweis.

Der Hämatologe war der Meinung, weitere Abklärungen seien nicht nötig, da als „Therapie“ sowieso nur Aderlass in Frage komme.

Freundliche Grüsse
Lisa
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

o.K., also glücklicherweise keine Hinweise auf Hämochromatose.

mit freundlichen Grüssen

Prof.Dr.med. Stephan Gadola

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