amorphe Verfettung der Ohrspeicheldrüse

In diesem Forum können medizinische Fragen gestellt werden, welche durch den Sjoegrenspezialisten Herr Prof. Dr. Stephan Gadola beantwortet werden. ACHTUNG: Bitte nehmt hier keinen Bezug zu allfälligen Praxisbesuchen bei Herrn Dr. Gadola.
Antworten
Gabriela
Registrierter Benutzer
Registrierter Benutzer
Beiträge: 44
Registriert: 23.03.2009 16:21
15
Wohnort: Klingnau
amorphe Verfettung der Ohrspeicheldrüse

Beitrag von Gabriela »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Stephan Gadola,
im Laufe meiner momentanen Abklärung bei Dr. Hauser hat er mir erklärt, dass man auf dem MRI sehr gut sieht, dass meine Ohrspeicheldrüsen amorph verfettet sind. Auf meine Nachfrage hat er mir erklärt, dass man daran sehe, dass sie nicht mehr funktionieren. Das war mir zwar schon vorher klar, aber bei den vielen Fragen die ich sonst noch so hatte, ging ich dann nicht weiter darauf ein.
Können sie mir genauer erklären, was genau denn das bedeutet? Amorph kenne ich aus der chemie als verändert, durch Hitze oder Kälte... Verfettet steht für mich eher im Zusammenhang mit Übergewicht... ???
Es würde mich doch sehr interessieren.
Mit freundlichen Grüssen
Gabriela Quidort
Take it easy, but take it
Stephan Gadola
Registrierter Benutzer
Registrierter Benutzer
Beiträge: 332
Registriert: 14.11.2006 18:54
17
Wohnort: Southampton, UK

Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Frau Quidort,

Im Rahmen von chronischen, langanhaltenden Entzuendungsreaktionen kommt es im Gewebe oft zu einem qualitativen Umbau, bei welchem das urspruengliche Gewebe, z.Bsp. Speicheldruesengewebe, durch Bindegewebe oder Fettgewebe ersetzt wird, sozusagen als "Lueckenbuesser-/Reparationsgewebe".

Der Begriff "amorph" in diesem Zusammenhang ist eigentlich bedeutungslos. Er steht fuer "wenig oder nicht strukturiert".

Ein fettiger Gewebeumbau nach Entzuendungsreaktionen hat absolut nichts mit Fettleibigkeit zu zun.

Die Bedeutung des MRI Befundes ist, dass bindgewebig oder fettig-"umgebautes" Gewebe nicht mehr die Funktionen des Ursprungsgewebes ausfuehren kann. Es haengt natuerlich vom Ausmass dieses Umbaus der Speicheldruesen ab ob noch funktionelles Restpotenzial - und wieviel - vorhanden ist; dies im MRI abzuschaetzen ist etwas schwieriger; funktionelle Tests (Provokation der Speichelproduktion, z.Bsp. durch Pilocarpin) oder eine Speicheldruesenbiopsie waeren dazu notwendig - die Biopsie aber nur dann, wenn sie fuer eine Therapie-Entscheidung wichtig ist.

Mit freundlichen Gruessen aus UK
Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Professor of Immunology & Consultant in Rheumatology, University Hospital Southampton,
Southampton, UK
Gabriela
Registrierter Benutzer
Registrierter Benutzer
Beiträge: 44
Registriert: 23.03.2009 16:21
15
Wohnort: Klingnau

Beitrag von Gabriela »

Vielen Dank Herr Gadola für die schnelle Antwort. Funktionelle Tests wurden bereits im Voraus gemacht. Und eine Biopsie scheint nicht notwendig zu sein.

Ich hätte noch eine weitere Frage:
Da man am Anfang meiner Abklärungen von einem möglichen Lupus ausging, wobei ja schnell klar war, dass es ein primäres Sjögren ist, habe ich mich trotzdem dem SLEV angeschlossen. Auch weil dort ebenfalls viele Sjögrenpatienten sind, wenn auch sekundär. Die Forschungen die im Bereich des Lupus laufen finde ich auch interessant. Gerade die neusten Ergebnisse im Bereich "des nicht funktionierenden Abfallentsorgungs = Entzündungsproblem" mit dem C1q und dem ganzen Brimborium. Nicht dass ich das besonders gut erklären könnte und ich denke, sie wissen vielleicht davon. Prof.Dr. Marten Trendelenburg hat einen Vortrag darüber gehalten. Inwiefern sind solche "Lupus-Ergebnisse" auf Sjögren-Patienten anwendbar? Wie sehr ähneln sich die Grundursachen von Kollagenosen?

Mit lieben Grüssen
Gabriela Quidort
Take it easy, but take it
Stephan Gadola
Registrierter Benutzer
Registrierter Benutzer
Beiträge: 332
Registriert: 14.11.2006 18:54
17
Wohnort: Southampton, UK

Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Frau Quidort,

Die Krankheitsentstehung bei SLE, Sjoegren und aehnlichen Syndromen weist viele Ueberlappungen auf. Die defekte oder ungenuegende "Abfallentsorgung" ist moeglicherweise ein zentrales Problem, aber leider sind in dieser Hinsicht noch keine neuen Therapien in der Entwicklung. Das Wort "Abfall" bezieht sich u.a. auf Zellbestandteile, gegen welche bei SLE und Sjoegren in der Regel Auto-Antikoerper generiert werden, und haeufig handelt es sich um DNA, RNA und Eiweisse, welche mit diesen assoziiert sind. Das Medikament Chloroquin und auch Hydroxychloroquin (Plaquenil) interferieren moeglicherweise mit dem Prozess der Immunaktivierung durch diese Art von Abfall. Ich wuerde Ihnen ja gerne noch mehr darueber erzaehlen, aber dafuer ist das Forum nicht geeignet.

mit freundlichen Gruessen
Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Professor of Immunology & Consultant in Rheumatology, University Hospital Southampton,
Southampton, UK
Gabriela
Registrierter Benutzer
Registrierter Benutzer
Beiträge: 44
Registriert: 23.03.2009 16:21
15
Wohnort: Klingnau

Beitrag von Gabriela »

Vielen Dank Herr Gadola.
Wäre das neue Medikament Benlysta denn auch eine alternative für uns Sjögren-Patienten?
http://www.news-medical.net/news/201103 ... erman.aspx
Take it easy, but take it
Stephan Gadola
Registrierter Benutzer
Registrierter Benutzer
Beiträge: 332
Registriert: 14.11.2006 18:54
17
Wohnort: Southampton, UK

Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Frau Quidort,

Benlysta ist sicherlich ein potentiell sehr interessantes Medikament fuer primaeres Sjoegren Syndrom, solange das Sjoegren Syndrom noch aktiv ist, d.h. solange noch Entzuendung und auch funktionelles Druesengewebe in den Speicheldruesengeweben vorhanden sind.

Ich bin mir allerdings nicht sicher wie die Zulassungsbedingungen fuer Benlysta bzgl. Sjoegren in Deutschland sind. Sicherlich muesste diese Therapie von einem Rheumatologischen Zentrum verschrieben und kontrolliert werden.


Freundliche Gruesse aus UK
Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Professor of Immunology & Consultant in Rheumatology, University Hospital Southampton,
Southampton, UK

Antworten