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Trockene Augen - Zwinkerzwang

Verfasst: 05.07.2020 10:26
von Snoopy
Sehr geehrter Herr Dr. Garweg,

ich leide seit einem Jahr an trockenen Augen. Im November kam dann auch noch eine Lidrandentzündung dazu.
Zum Teil konnte ich mein linkes Auge gar nicht mehr offen halten. Man hat mir daraufhin Ikervis verschrieben, was ich seitdem täglich Abends vor dem zu Bett gehen nehme.
Eine Lippenbiopsie hat ergeben, dass es sich um das Sjögren Syndrom handelt.

Das Fremdkörpergefühl im Auge habe ich nun nicht mehr und wenn ich stündlich Augentropfen nehme (Artelac Lipids) dann brennen meine Augen nur noch selten. Sie waren noch nie stark gerötet.
Eine hohe Licht- und Windempfindlichkeit besteht noch. Zweimal täglich mache ich die Lidrandpflege.

Unter was ich sehr leide, ist der ständige Zwinkerzwang. Dieser entsteht vor allem, wenn ich konzentriert etwas lese oder wenn ich in die Ferne schaue. Gemütlich am Abend Fernsehen ist mir gar nicht mehr möglich. Am Abend habe ich das Gefühl, dass ich meine Augen nicht mehr offen halten kann. Es fühlt sich an, wie wenn sich das Lid zuziehen würde. Unterhaltungen führe ich dann oft mit geschlossenen Augen. Des weiteren schmerzt mir von dem Gezwinkere meine linke Schläfe (wieso nur links?). Ein Augenarzt hat mal Blephorospasmus diagnostiziert und die Möglichkeit, dass man Botox spritzen könnte. Nun war ich beim Neurologen, welche aber meinte, er kann nur häufiges Zwinkern feststellen, jedoch keinen Lidkrampf.

Schirmer-Test 1: RA 40 LA 25
Schirmert-Test 2: RA 10 LA 5 (betäubtes Auge)

Sehen Sie eine Möglichkeit, den Zwinkerzwang zu behandeln? Haben Sie eine andere Empfehlung in Bezug auf Augentropfen /-gels? (Wobei ich schon einiges ausprobiert habe.) Es ist auch nicht jeder Tag gleich, jedoch konnte ich noch nicht herausfinden, woran es liegt (Schlaf, Ernährung, Bewegung, Stress?).

Vielen Dank für Ihre Antwort. Freundliche Grüße

Re: Trockene Augen - Zwinkerzwang

Verfasst: 08.07.2020 17:47
von jgarweg
Hallo Snoopy,

erst einmal ist das wichtigste, dass seit der Lippenbiopsie die Ursache der Beschwerden bekannt ist. Typisch ist, dass das Auge im Normalzustand viele, und vor allem viel zu wässrige Tränen hat.
Was die Therapie angeht, könnte ich mir vorstellen, dass Evo-Tears als Basistherapie vielleicht noch wirksamer sind als Artelac lipids, speziell in Kombination mit einem Hyaluronsäure-haltigem Präparat, zB Hylocomod oder Thealoz Duo (beide konservierungsstofffrei). Die Tatsache, dass die Beschwerden im Laufe des Tages zunehmen, spricht für eine zu geringe Häufigkeit des Tropfens. In der Folge kommt es auch zu dem häufigen Lidschlag mit zunehmend Kneifreflex. Deshalb folgendes Vorgehen:
Tagsüber häufiger (bis zu alle 20 Minuten) tropfen, evtl. auf die obige Kombi umstellen, dann müssen Sie nicht ganz so häufig tropfen, zur Nacht in schwierigeren Phasen Recugel auftragen. Anfangs, bis es ausreichend entspannt, mit warmen und kalten Umschlägen für die Entspannung der durch die schlechte Oberfläche und Lichtempfindlichkeit angespannten Lider sorgen. Und wenn alles nicht hilft, kann man phasenweise auch mit Kontaktlinsen (Verbandslinsen) arbeiten.

Viel Erfolg,

JGGarweg

Re: Trockene Augen - Zwinkerzwang

Verfasst: 16.10.2020 09:18
von Snoopy
Sehr geehrter Herr Dr. Garweg,

erst einmal wollte ich mich für die letzte Antwort noch herzlich bedanken. Es hat mir auf jeden Fall ein Stück weiter geholfen und ich finde es toll, dass es dieses Forum gibt und Ihren Einsatz.
Ich habe meine Tropffrequenz erhöht und umgestellt auf Hylo Gel. Die EVO Tears habe ich mir auch gekauft, aber wenn ich diese eintropfe, habe ich zwar kurz das Gefühl, dass es angenehm ist, aber das verschwindet relativ schnell wieder. Des weiteren wusste ich nicht, in welchem Wechsel ich diese zu Hylo Gel nehmen soll. Thealoz Duo ist mir irgendwie zu dünnflüssig. Somit tropfe ich jetzt alle 20 Min. Hylo Gel. Nachdem ich aber den ganzen Tag am Bildschirm arbeite, habe ich trotzdem noch das Problem, dass meine Augen am Nachmittag zum Brennen anfangen. Der Zwinkerzwang ist vor allem schlimm, wenn ich einen Text am PC an einem Stück lesen muss und mich dabei sehr konzentriere. Wenn ich von einem Bildschirm zum anderen schaue, dann empfinde ich es gar nicht so schlimm. Glauben Sie, dass mir hier eine Botox-Behandlung helfen könnte?

Manchmal frage ich mich, ob die Diagnose Sjögren wirklich stimmt. Ich habe keine Antikörper im Blut und beim Speichelfluss merke ich auch keine Veränderung (z. B. Ansammmlung von 3 ml innerhalb von 5 Minuten kein Problem).
Befund von Lippenbiopsie war: vorwiegend muköses Speicheldrüsengewebe mit unauffälligen Drüsenausführungsgängen. Auf Stufenschnitten mehr als 50 monokuleäre Zellen pro 4 Quadratmilimeter, daneben vereinzelt Ansammlung von weniger als 50 monokuleäre Zellen. Bei entsprechender Klinik mit Sjögren vereinbar (Fokus Score: 1)
Können die trockenen Augen (BUT 2 sec.) auch noch eine andere Ursache haben (z. B. Nackenprobleme)?

Falls es doch Sjögren ist, sollte ich dann, obwohl ich nur Augentrockenheit habe, auch irgendwelche Tabletten nehmen (z. B. Hydroxychloroquin)? Kann das die Augentrockenheit und somit den Zwinkerzwang stoppen?

Kennen Sie die Augentropfen Lacrimera? Ich würde dieses gerne testweise versuchen? Jedoch wollte ich nachfragen, was Sie davon halten und ob ich trotzdem Ikervis nehmen kann/soll für diese 5 Tage.
Ich habe etwas Angst, dass aufgrund der Schicht, welche sich bilden soll, dann das Ikervis nicht mehr wirkt.
Ausserdem sollte man ja beides Nachts vor dem Schlafen gehen nehmen. Wie könnte ich das am besten handhaben?

Des weiteren wollte ich auch noch fragen, was sie von Optive Plus Augentropfen halten? Hier ist ja PURITE als Konservierungsmittel drin, welches sich aber angeblich sofort auflöst.

Jetzt habe ich ganz schön viele Fragen gestellt :). Es wäre sehr nett von Ihnen, wenn Sie sich nochmal die Zeit nehmen würden und diese beantworten. Ich danke Ihnen bereits im Voraus.

Freundliche Grüße
Snoopy

Re: Trockene Augen - Zwinkerzwang

Verfasst: 16.10.2020 17:53
von jgarweg
Liebe(r) Snoopy,

Aktuell sind deutlich mehr Beschwerden zu erwarten zu Beginn der Heizperiode.
wichtig ist, dass der Tag gut beginnt, das heisst, ohne verkrustete Augen und ohne Fremdkörpergefühl, das ist schon schwierig. Manchmal reicht Bepanthen AS 1-2x nachts nicht aus, dann kann man Posiformin versuchen. Das Problem ist dann, dass nach Ikervis abends nichts mehr genommen werden soll. Deshalb würde ich das Ikervis über 3-6 Monate konsequent zur Nacht nehmen, danach jeden 2. Tag und den anderen tag mit Salbe versuchen. wenn es mit der Salbe, die man unter Ikervis auch nachts beim Erwachen zugeben kann, besser wird, kann man mal versuchen, das Ikervis wegzulassen. Lacrimera ist der letzte Schrei, teuer, aber ich war gar nicht beeindruckt. Die meisten Patienten haben nach 1-2 Wochen die Schnauze voll, weil es zu sehr brennt. Der Schutzfilm wäre dann eher Theorie. Und die Kombi mit Ikervis (das die Becherzellen vermehrt und die einzige ursächlich wirksame Therapie ist) funktioniert nicht.

Lidrandhygiene wird immer empfohlen, wäre auch gut, aber darf nicht zu oft gemacht werden, da die Lidränder sonst austrocknen. Die EvoTears sind nicht primär dafür da, die Tränen zu ersetzen, sondern die Lidränder zu pflegen, sie sopllten zu weniger Blepharitis führen, die immer kommt und immer zunimmt, wenn man viel reibt und reinigt. Ich würde das Evo-zeug 3-4x/Tag nehmen, grundsätzlich kann man alles frei kombinieren, auch mit zB Optive plus etc. Was wann wo wieviel unterliegt nur 1 regel: Auf die innere Stimme hören. manchmal nützt das eine mehr, phasenweise etwas anderes. Immer das Gleiche funktioniert selten. Lidränder mit Babyöl bestreichen ist noch gut, und was das Kneifen angeht, würde ich Kühlung oder Wärme versuchen. Wenn Wärme gut hilft, dann lohnt sich vielleicht eine Wärmebrille, gibt es bei Thea für unter 200.- zu kaufen (aber erst mal mit cold and warm pack versuchen).

Und noch was: Wie man das Kind nennt ist egal, Hauptsache es hört auf die Therapie. Solange es ausserhalb der Augen keine Symptome gibt, wäre die Behandlung die gleiche.

Viel erfolg,

JGGarweg